18.02.06
Erzbischof von Canterbury plädiert für Solidarität mit christlichen Minderheiten
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Der Erzbischof von Canterbury, Dr. Rowan Williams, hat die Kirchen aufgerufen, die Situation von christlichen Minderheiten aufmerksam zu beobachten.
Eine der problematischsten Folgen der jüngsten internationalen Entwicklungen sei, dass zum Beispiel Christen im Nahen Osten oder in Pakistan mit einer als feindlich wahrgenommenen ausländischen Politik in Verbindung gebracht werden, sagte das Oberhaupt der Anglikanischen Gemeinschaft bei seinem Besuch der 9. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK) am Freitag, 17. Februar, im brasilianischen Porto Alegre. "Die hierdurch bedingten Leiden christlicher Minderheiten sollten von all unseren Kirchen und der gesamten Vollversammlung beständig im Auge behalten werden."
Christen sollten anderen Religionen mit Selbstvertrauen und Zuversicht begegnen, sagte Erzbischof Rowan Williams in seinem Vortrag zum Thema 'Christliche Identität und religiöser Pluralismus'. Der ÖRK trage durch seine Vielfalt zur Ausgewogenheit bei: "Diese Vielfalt ermöglicht Demut - wohlgemerkt: damit meine ich nicht Verlegenheit." Weder Triumphalismus noch Verlegenheit seien geeignete Verhaltensweisen im Umgang mit anderen Überzeugungen. Der Erzbischof erklärte, christliche Identität bedeute, an dem Ort der Welt gegenwärtig zu sein, an dem Jesus selber seinen Platz einnimmt. "Bei unserer Identität geht es um unsere Beziehung zu Gott, und die 'Arbeit', die es bedeutet, diese Beziehung in unseren Worten und Handlungen auszudrücken."
Rowan Williams ermutigte die Zuhörer zu einem neuen Blick auf die eigene Identität. "Vergessen wir für einen Moment das 'Christentum' als ein Ideensystem, das mit anderen auf dem Markt konkurriert. Konzentrieren wir uns stattdessen auf den Ort, den Jesus, der Gesalbte, in der Welt einnimmt, und darauf, was an diesem Ort möglich wird." Der christliche Glaube erhebe nicht in erster Linie den Anspruch, im Gegensatz zu allen Konkurrenten das allein gültige Gedankensystem anzubieten: "Sein Anspruch ist vielmehr, dass es möglich ist, so nahe bei Gott zu leben, dass keine Angst oder kein Misserfolg je Gottes Zusage an uns aufheben kann." Dieses Verständnis von Identität schließe niemanden aus: "Der Ort Jesu ist offen für alle, die sehen wollen, was Christen sehen, und werden wollen, was Christen werden."
Eine Theologin und ein Theologe antworteten in der Plenarsitzung auf die Rede des Erzbischofs. Dr. Anna May Chan, eine Baptistin aus Myanmar, erzählte, wie ihre Familie bei ethnischen und religiösen Unruhen nach dem Zweiten Weltkrieg von befreundeten Muslimen und Buddhisten gerettet wurde. "Meine muslimischen und buddhistischen Nächsten haben vielleicht nicht den Namen Jesus gekannt, aber ich glaube, dass Gott einen Weg zu ihnen gefunden hat." Der griechisch-orthodoxe Professor Dr. Assaad Kattan berichtete von den Beziehungen verschiedener christlicher Traditionen miteinander und mit dem Islam im Nahen Osten. In einer Videobotschaft rief Prinz Hassan von Jordanien die Vollversammlung auf, nicht nur die Einheit der Kirchen anzustreben, sondern eine Einheit der Religionen und der Werte.
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