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20.02.06

Desmond Tutu: Wir versuchen, Gott Grenzen zu setzen

 


 

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Der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) habe erheblichen Anteil an seinem Friedensnobelpreis gehabt, erklärte Erzbischof Desmond Tutu am Montag, 20. Februar, vor der ÖRK-Vollversammlung. "Ihr alle habt uns die Glaubwürdigkeit gegeben", rief Tutu den Delegierten der ÖRK-Mitgliedskirchen zu, "und deshalb teile ich, teilen wir den Friedensnobelpreis mit Euch." Der ÖRK habe maßgeblich zur Überwindung der Apartheit in Südafrika und zum Kampf gegen Rassismus beigetragen.

 

Tutu ermutigte in einer Plenarsitzung zur 'Einheit der Kirchen' die Delegierten, das bereits Erreichte zu würdigen. "Wir haben das Augenmerk der Welt darauf gelenkt, dass Krieg und Armut unhaltbare Greuel sind." Der ÖRK sei außerdem eines der wichtigsten Foren für interreligiösen Dialog. "Aber wir versuchen nach wie vor, Gott Grenzen zu setzen", gab Tutu zu bedenken. "Wir nehmen die Tatsache nicht ernst, dass Gott der Gott aller Menschen ist." Gott umfasse mit seiner Liebe alle Menschen, sogar George Bush, Osama bin Laden und Saddam Hussein.

 

Die Leiterin der deutschen Delegation in Porto Alegre, die hannoversche Landesbischöfin Dr. Margot Käßmann, hob vor Journalisten den Beitrag des ÖRK bei der Vermittlung von globalen Themen hervor. "Der ÖRK fordert z.B. die Kirchen des Nordens heraus, den Schrei der Armen immer und immer wieder zu Gehör zu bringen." Aus der Erfahrung einer lutherischen Kirche sei sie zwar noch nicht ganz vom Konsensmodell überzeugt. "Der Kampf gegen die Apartheid war z.B. sehr umstritten, manchen war er zu politisch", erinnerte sie. Aber trotz abweichender Stimmen sei es möglich gewesen, effektiv zu handeln. Sie hoffe, dass die Dekade zur Überwindung von Gewalt helfen könne, die Stimmen der Kirchen zu vereinigen.

 

Im Plenum zur 'Einheit der Kirchen' - dem "zentralen Thema der ökumenischen Bewegung seit ihrem Anfang", wie der ÖRK-Präsident aus Europa, der württembergische Alt-Bischof Eberhard Renz, zur Einführung betonte - ging es um die Diskussion eines neuen ÖRK-Dokuments zum Kirchenverständnis: "Berufen, die eine Kirche zu sein". Diese Ekklesiologie-Erklärung fasst zusammen, welche Aussagen über das "Kirche sein" die ÖRK-Mitgliedskirchen zur Zeit gemeinsam machen können, und will die offene und weiterführende Aussprache zwischen den Kirchen fördern.

 

Dr. Jacob Kurien, stellvertretender Rektor des Orthodoxen Seminars Kottayam in Kerala, Indien brachte in seiner Reaktion auf die ÖRK-Erklärung die Besorgnis über eine 'ökumenische Stagnation' zum Ausdruck. Er fragte nach der Ernsthaftigkeit des Engagements der Kirchen. Demgegenüber seien viele, vor allem jüngere Menschen auf der Suche nach "alternativen Wegen christlicher Einheit" auf nationaler und lokaler Ebene. Ein solcher "neuer ökumenischer Freiraum" könne das vorgeschlagene 'Globale Christliche Forum' sein.

Dr. Isabel Apawa Phiri, Professorin für Afrikanische Theologie an der Universität von KwaZulu Natal in Pietmaritzburg, Südafrika, betonte aus protestantischer Sicht drei Bereiche, in denen die christliche Einheit vertieft werden müsse: Die gegenseitige Anerkennung ordinierter Geistlicher bei Abendmahlsfeiern, unabhängig von Rasse, Geschlecht, Alter und sexueller Orientierung, einen ökumenischen Trauungs-Ritus, durch den interkonfessionelle Eheschließungen als Chance statt als Bedrohung behandelt werden können, und eine stärkere ökumenische Ausrichtung der theologischen Ausbildung.

 

Der Dominikaner Jorge A. Scampini aus Argentinien betonte das Interesse der römisch-katholischen Kirche am ÖRK, vor allem bei der Diskussion theologischer Themen, insbesondere der Studien der Kommission für Glaube und Kirchenverfassung zum Kirchenverständnis (Ekklesiologie), Taufe und 'theologischer Anthropologie'.

Der Gründer der Internationalen Fakultät für Theologische Studien in Argentinien und internationaler Vizedirektor des Lausanner Kommittees für Weltevangelisation, Pfarrer Norberto Saracco, sprach im Plenum für die Pfingstkirchen. Er führte die Schwächung der konfessionellen Strukturen weltweit an und fragte: "Warum können wir nicht auf die Millionen von Christen hören, die unsere Spaltungen schlicht und einfach nicht verstehen."

 

Er rief die Kirchen zu wechselseitigem Respekt auf. "Einheit ist schwer, wenn wir als Sekten, wenn die Pfingstkirchen als Bedrohung betrachtet werden", sagte er. Es dürfe keine Wortspiele mehr geben, die über die fehlende gegenseitige Anerkennung als Kirchen hinweg zu täuschen versuche. Saracco schloss mit dem Vorschlag: "Vielleicht sollten wir dem Heiligen Geist eine Chance geben? Die Einheit der Kirche wird als Werk des Geistes geschehen, oder gar nicht."

 

Webseite der Vollversammlung:www.wcc-assembly.info

 

Kontakt in Porto Alegre:+55 / 51 8419.2169